Hans Georg Brunner-Schwer | ||
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1927 - 2004 | |
Pressemeldungen zum Tod von HGBS Suedkurier (16.10.2004) Trauer um einen großen Villinger
Durch einen tragischen Verkehrsunfall hat Villingen einen großen Bürgersohn verloren. Hans Georg Brunner-Schwer, Enkel des Saba-Gründers Hermann Schwer und in den 60er Jahren Technischer Geschäftsführer der Saba-Werke, wurde am Donnerstag von einem Auto erfasst. Der 77- Jährige starb noch am selben Abend im Krankenhaus. Weltberühmt wurde Brunner-Schwers Jazz-Produktionsstudio MPS. Alle Größen des Jazz haben bei ihm zum Teil legendäre Schallplatten produziert. Hans Georg Brunner-Schwer, in Villingen aufgewachsen, entstammt der berühmten Saba-Dynastie. Sein Großvater Ernst Schwer, aus einer Unternehmerfamilie stammend, gab dem Betrieb den Namen mit den vier Buchstaben, die später für die Radio- und Fernsehproduktion aus Villingen weltberühmt werden sollten: SABA. Ab 1961 stehen die beiden Söhne der legendären "Saba-Mutter" Margarete Scherb in der vollen Geschäftsverantwortung. Hermann Schwer als kaufmännischer Geschäftsführer und defacto erster Mann des Betriebs, Hans Georg als Technischer Geschäftsführer. Die Unterhaltungselektronik-Branche befindet sich schon damals in einem extremen Wettbewerb. Hermann Schwer verkauft das Unternehmen, das damals 6000 Mitarbeiter in fünf Standorten hatte, Anfang 1968 an den Amerikanischen Konzern GTE. Für Hans Georg Brunner-Schwer endet damit seine Geschäftsführertätigkeit bei Saba. Er wendet sich nun hauptberuflich seiner wahren Leidenschaft zu, seinem Tonstudio und der Musik. Schon 1960 begann er, sich ein eigenes Tonstudio aufzubauen und Musikaufnahmen zu machen. Damals noch unter dem Namen Saba. Nach seinem Ausstieg von der Saba 1968 gründete er die Musikproduktion Schwarzwald (MPS) auf dem ehemaligen Saba-Gelände an der Richthofenstraße. Dieses Studio gelangte in der Musik- und Jazzszene zu Weltruhm. Zwischen 1968 und dem Verkauf des Namens MPS im Jahre 1982 entstanden in diesem Studio über 600 Schallplatten. Das "Grove Dictionary of Jazz" würdigte die Aufnahmen von Brunner-Schwer als den größten und abwechslungsreichsten Jazzplattenkatalog Europas. Anfangs konnte niemand ahnen, dass die Scheiben aus Villingen einmal weltweit zu den größten Jazzsammlerobjekten gehören würden. In dieser Zeit haben fast sämtliche Musikergrößen des Jazz ihre Aufnahmen im Tonstudio in Villingen produzieren lassen. Entstanden sind zum Teil herausragende musikalische Aufnahmen, zugleich wurde damit auch ein Stück europäischer Jazzgeschichte dokumentiert. Der Mann, der dies möglich machte, hieß Hans Georg Brunner-Schwer. Jazz-Größen wie Oscar Peterson, Monty Alexander und Count Basie standen auf der Gästeliste in seinem Haus. Spätere Größen wie Wolfgang Dauner, Albert Mangelsdorff, Volker Kriegel, Jasper van` t Hof, George Duke wurden von Brunner-Schwer entdeckt und verdanken nicht zuletzt ihm ihren Weltruhm. "Ich habe die Jazzproduktion auch immer als ein Stück Musikerförderung angesehen", erklärte er einmal im SÜDKURIER-Interview. Am Mischpult war er oft selbst zu finden, das gute Gehör hat er vermutlich von seinem Vater, dem Musikdirektor Fritz Brunner, geerbt. Sein Erfolg war auch eine Frage des Geldes. Er investierte ernorme Summen in den Betrieb seines Studios und die Verpflichtung der Musiker. Von seinen Verbindungen lebte auch das Villinger Jazzfestival "VS-swingt" und der örtliche Jazzclub, zu dem er bis zuletzt freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Nach dem Ende von MPS hat Hans Georg Brunner Schwer auch weiterhin Musikaufnahmen in seinem Studio gemacht, das er unter seinen Namensinitialen HGBS weiter betrieb. Allerdings nur noch sporadisch. Gleichwohl entstanden unter seinen Händen noch eine Reihe wunderschöner Aufnahmen. Privat lebte Hans Georg Brunner-Schwer zurückgezogen, verbrachte auch viel Zeit in seinem zweiten Haus in Meersburg. Er hinterlässt seine Frau Marlies, seine Söhne Andreas und Matthias sowie drei Enkel. --EBERHARD STADLER Neue Rottweiler Zeitung (18.10.2004)
Aus dieser Industriellen-Dynastie stammt der von Anfang an musisch interessierte und begabte Hans Georg. Im Salon der Kinderzeit stand ein Steinway-Flügel. Das Piano war Ausgangspunkt seiner Musik-Faszination. Nicht von ungefähr war also der kanadische Pianist Oscar Peterson schon früh zu Gast in der Villa des Hans Georg Brunner-Schwer, von Zeitgenossen auch gern "Millionen-Schwer" genannt. Als wohlhabender SABA-Erbe (1968 wurde der Betrieb verkauft) kann es sich HGBS leisten, den von ihm geschätzen Musikern ein exklusives Ambiente anzubieten. Noch im selben Jahr gründet er das Label MPS - "Musikproduktion Schwarzwald". Damit war ein Mythos geboren. Seine Villa war bereits seit den frühen Sechzigern Treffpunkt der Jazz-Szene. Seit 1963 machte er Aufnahmen im hauseigenen Tonstudio. Mit sicherem Instinkt holte Brunner-Schwer immer mehr Musiker von internationalem Format nach Villingen: Neben Oscar Peterson auch Größen wie George Duke, Dave Pike, Ella Fitzgerald, Alphonse Mouzon, Wolfgang Dauner, Eberhard Weber, Peter Herbolzheimer, Volker Kriegel, Joe Pass, Albert Mangelsdorff, Stéphane Grappelli, Horst Jankowski, Mary Lou Williams, die Singers Unlimited und das Erwin Lehn Orchester. Hans Georg Brunner-Schwer machte es den von ihm so geschätzten Musikern leicht, sich im Schwarzwald wohl zu fühlen. Gleichermaßen Jazz-Produzent wie Jazz-Mäzen, bemühte er sich stets um das Wohlergehen seiner Gäste. Er gab ausschweifende Partys und besorgte den Musikern Kost und Logis vom Feinsten (was Jazz-Musiker in den sechziger und siebziger Jahren sehr zu schätzen wussten). Neben dem freundschaftlichen Verhältnis genossen die Musiker aber auch seine fachliche Kompetenz, die er als früherer "Technischer Geschäftsführer" bei SABA sowieso mitbrachte. Als Produzenten für viele seiner über 500 Platten gewann er den "Jazz-Papst" Joachim-Ernst Berendt. Merkwürdig: Der Zufall, das Schicksal, die bedenkenswerte Fügung will es, dass beide, die so lange Jahre zusammen arbeiteten, im gleichen Lebensjahr auf die gleiche Art und Weise starben. Berendt wurde (ebenfalls 77-jährig) im Februar 2000 beim Überqueren einer Straße Opfer eines Verkehrsunfalls. - Berendt wird vor allem als Jazz-Publizist im Bewusstsein bleiben, die Leistung von Brunner-Schwer als visionärer Labelchef wird aber wohl jetzt erst richtig entdeckt und gewürdigt. Jeder, der eine gut erhaltene SABA- oder MPS-Schallplatte sein Eigen nennt, besitzt ein kostbares Sammlerstück. Aber nicht nur das Sammeln lohnt sich, auch das Anhören. Manche Stücke klingen erstaunlich frisch und aktuell, was auf dem hier bereits vorgestellten Sampler "Supercool" zu hören ist. Das unschätzbare Erbe von Hans Georg Brunner-Schwer wird also auch in die Zukunft hinüberleuchten. Die Legende lebt. --Bernd Kammerer Jazzthing (22.10.2004)
Der 77-jährige war am 14. Oktober bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt worden. Seit 1963 hatte Brunner-Schwer Schallplatten produziert, 1968 gründete er mit MPS (Musik Produktionen Schwarzwald) das erste deutsche Jazzlabel. Oscar Peterson war bei ihm unter Vertrag, Wolfgang Dauner wurde von ihm entdeckt, Joachim Ernst Berendt produzierte für MPS und machte das Label auch in den USA bekannt. Von Horst Jankowski über Hans Koller bis zu Cecil Taylor reicht das Spektrum der MPS-Künstler. 1983 verkaufte Brunner-Schwer seine Firma an Polygram, heute wird der umfangreiche MPS-Katalog von Universal Jazz Deutschland wiederveröffentlicht, jüngst erst erschienen die Sampler "MPS Jazzworks" und "MPS Jazzreworks". Zusammengestellt von Axel Stinshoff und Christian Broecking JazzEcho (22.10.2004)
Die deutsche und internationale Jazzgeschichte prägte der am 29. Juli 1927 geborene Industriellen- und Musikersohn vor allem in dem Vierteljahrhundert von 1958 bis 1983, als er auf den beiden Plattenlabels SABA und MPS neben etlichen anderen Musikeinspielungen der verschiedensten Gattungen auch über 500 Alben mit hochkarätiger und richtungsweisender Jazz- und Weltmusik veröffentlichte. Selbst nachdem er sich offiziell aus dem Geschäft zurückgezogen und die Rechte an den niederländischen Philips-Konzern abgetreten hatte (von wo sie dann in die Hände von Universal Music übergingen), stand Brunner-Schwer seit 1992, als Christian Kellersmann bei der Jazzabteilung der damaligen PolyGram die ersten liebevollen MPS-Wiederveröffentlichungen auf CD herauszubringen begann, mit Rat und Tat und ansteckendem Enthusiasmus zur Verfügung, wenn es darum ging, die alten MPS-Schätzeaus den Archiven zu bergen und tontechnisch neu aufzupolieren. Zwar war Brunner-Schwer das Startkapital für seine Unternehmungen im Jazz durch Erbschaft in den Schoß gefallen (von Freunden wurde er deshalb scherzhaft auch "Millionen-Schwer" genannt), seine auch in den USA neidlos anerkannten überragenden Fähigkeiten als Tontechniker und Musikproduzent mußte er sich aber wie jeder andere hart erarbeiten. Unter deutschen, europäischen und amerikanischen Jazzmusikern genoß Brunner-Schwer, der die englische Sprache nur leidlich beherrschte, einen hervorragenden Ruf: Sie schätzten ihn nicht nur als Produktionspartner, sondern auch als großzügigen Gastgeber und vorurteilslosen Freund. Mit derselben Unvoreingenommenheit, mit der Brunner-Schwer einst Alben der verschiedensten Jazzrichtungen (von Swing bis Free) produziert hatte, unterstützte er bis zuletzt auch die CD-Wiederveröffentlichungen des MPS-Kataloges bei Universal Music innerhalb der "Most Perfect Sound"-Serie. Die deutsche Jazzszene hat in Hans Georg Brunner-Schwer eine ihrer herausragenden Persönlichkeiten verloren. Sein Pioniergeist wird jedoch auf den von ihm produzierten und aufgenommenen MPS-Alben weiterleben. |
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